Die Böll Stiftung hat eine Wahlkampf-Blog. Eine feine Sache ist das - an der ich mich mit diesem Beitrag gerne beteilige:
Der britische Kommentator George Monbiot forderte bereits vor Jahren, dass die gesamte Menschheit bei amerikanischen Wahlen das Stimmrecht bekommen sollte. So gravierend, weitreichend und - allzu oft - tödlich, sind die Folgen amerikanischer Wahlergebnisse, dass es demokratischen Grundprinzipien widerspricht, dass wir - die Betroffenen - keine Stimme haben. Nach der gleichen Logik sollten die Einwohner Tuvalus - und alle, deren Überleben durch den Klimawandel auf dem Spiel steht - am 27. September unbedingt eine Stimme bekommen. Denn für Tuvalu ist die Suche nach einer deutschen KlimakanzlerIn mehr als ein netter Slogan für eine Kampagne. Für Tuvalu ist die Frage, wie fortschrittlich die Klimapolitik der nächsten deutsche Regierung sein wird, eine Frage des nackten Überlebens.
In der nächsten Legislaturperiode stehen wichtige nationale und internationale Entscheidungen zum Klimaschutz an. Reden tut darüber kaum jemand. Immerhin, bei der Wahlkampf-Diskussion zur Atomenergie, wird nicht nur der tödliche "Knall Bumm" Effekt thematisiert, sondern auch, dass längere AKW-Laufzeiten den Ausbau erneuerbarer Energien gefährden. Selbst die SPD betont dies immer wieder. Ironisch eigentlich, denn SPD muss wissen muss, dass sich neue Kohlekraftwerke genauso wenig mit erneuerbaren Energien vertragen wie alte AKWs. Sicher ist, Tuvalu würde weder für längere Atomlaufzeiten noch für neue Kohlekraftwerke stimmen. Ist es nicht sogar beschämend, dass das kleine Tuvalu ankündigt bis 2020 komplett klimaneutral zu wirtschaften, CDU/FDP und SPD aber einen wesentlich geringeren Ausbau der erneuerbaren Energien in Aussicht stellen als ihn die erneuerbaren Energienverbände bereit sind zu versprechen? 47% sagt der Bundesverband Erneuerbare Energien sind bis 2020 machbar. Das CDU Regierungsprogramm nennt 20% bis 2020 ehrgeizig (Seite 25). Ist das Klugheit in der Krise? In Tuvalu reibt man sich sicher verwundert - und verärgert - die Augen.
Und da wäre dann noch die wichtigsten globalen Umweltverhandlungen jemals - der Klimagipfel in Kopenhagen im Dezember. Als jemand, der seit vielen Jahre die internationalen Klimaverhandlungen hautnah verfolgt, weiss ich, dass es einen Unterschied macht, wer in Kopenhagen für Deutschland am Verhandlungstisch sitzt. Die Vorstellung ein unerfahrener Minister oder Ministerin der FDP könnte in Kopenhagen dabei sein macht mir deshalb - ganz ehrlich - schlaflose Nächte. Nicht nur weil Klimaverhandlungen kompliziert sind (jede neue MinisterIn würde es deshalb schwer haben). Vor allem, weil die Klimaverhandlungen längst wichtige (die wichtigsten?) Entwicklungsverhandlungen geworden sind. Sollte man diese einer Partei überlassen, die das Entwicklungsministerium (BMZ) abschaffen will ...?
Tuvalu hat run 11.000 Einwohner. Ihre Stimmen würden die Bundestagswahl nicht entscheiden - zugegeben. Allein in Asien sind aber 75 Millionen durch den Klimawandel mit Vertreibung bedroht. Mehr Menschen als in Deutschland wahlberechtigt sind! Welche Regierung ist am ehesten in der Lage, diesen Menschen eine Stimme zu geben und in Kopenhagen einen ambitionierten Klimavertrag zu erstreiten? Darüber sollten wir alle Parteien in den nächsten Wochen zu Rede stellen!
Samstag, 12. September 2009
Gebt Tuvalu eine Stimme!
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